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„Woyzeck“ in einer Interpretation des Kurses Darstellendes Spiel Q12

MUSIK.RAUM.KONZERT
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13. Juli 2022

„Ich weiß ja nicht“
„Woyzeck“ in einer Interpretation des Kurses Darstellendes Spiel Q12


Endlich. Nach unzähligen Monaten des Schweigens geht der Vorhang in der zum Theatersaal umgebauten Pausenhalle der Ostetalschule KGS Sittensen wieder auf für Theater. Und nichts Geringeres als eine Neuinterpretation des wegweisenden Georg Büchner-Fragments „Woyzeck“ steht auf dem Programm. Statt brutalem Sozial-Realismus, der ins Groteske treibt, gibt es allerdings teils feinsinnige Szenen, die von Woyzecks traurigem Wahnsinn und der Sehnsucht seiner Freundin Marie nach einem erfüllten Leben erzählen, teils herrlich-komödiantische Polizei- und Arztkarikaturen.

Dass die Geschichte nicht gut ausgehen wird, deutet sich gleich zu Beginn an: Woyzeck sammelt Holz, hört dabei auf freiem Feld Stimmen - Rammstein-Verse dröhnen von im Saal platzierten Ensemblemitgliedern vorgetragen. Statt Andres als realen Weggefährten Woyzecks zu inszenieren, versteht ihn das Team als imaginäre Stimme, die den geistig Beschränkten dahingehend manipuliert, dass schließlich nur Mord aus der eigenen Notlage führe. Der körperlich sehr präsente Philip Otten und Tom Arndt, mit mephistophelischer Dämonie und Blasiertheit, funktionieren von Szene zu Szene besser miteinander. Bemitleidenswert ist dieser Woyzeck nicht allein wegen der vielen Diskriminierungen und Herabsetzungen, die er im Laufe der etwas mehr als sechzig Minuten erfahren muss, sondern schon wegen dieses Begleiters im Kopf, dem er nichts entgegensetzen kann.

Marie ist hier kein an Luxus und wesentlich an der Auslebung ihrer Triebe interessiertes Weib, sondern eine junge Frau, die sich etwas mehr Aufmerksamkeit und ein wenig Wohlstand wünscht. Vivienne Borner (bzw. Henrike Schürmann) gestaltet sie zunächst mit einiger Zurückhaltung, in der entscheidenden Konfrontation mit Woyzeck aber durchsetzungsstark und kompromisslos. Ihre Freundin (auf sehr natürliche Weise attraktiv: Cathleen Post) wirft sich hingegen dem ziemlich schmierigen Pastor an den Hals (mit geölten Haaren und tiefer Stimme: Tobias Reuscher) - von dieser toxischen Männlichkeit hätte man sich mehr gewünscht, da hier das Thema Missbrauch seitens Kirchenvertreter:innen mitschwingt. Love-Interest Maries ist der Major, den Timo Burfeind (bzw. Torben Osterholz) als reichlich selbstverliebten Schönling gibt.

Wir würden uns freuen, euch unser Stück präsentieren zu dürfen.
Viele Grüße euer DSP-Kurs Q12. Das Team um die Kernhandlung erhält effizienten Support vom Doktorenduo, das Anna Meyer und Matthias Behrens als gefühlskalte Fach-Idiot:innen gestalten, deren absurde Studien zu nichts führen, wobei ihr skurriles Agieren recht amüsant ist. Die Soldaten Lukas Hollmann und Sven Pietzner marschieren herrlich stumpfsinnig umher und das Polizistentrio Lea Labitzke, Tim Schaschik und Torge Wichern liefert beste Comedy. Marcel Hamm bzw Torben Osterholz überzeugt als Hauptmann-Karikatur, Anton Borchers agiert mit Freude als skrupelloses Schlitzohr und Jasmina Meyer sucht sensationslüstern nach aufregenden Fotos.

und Jasmina Meyer sucht sensationslüstern nach aufregenden Fotos. Man kann diese Büchner-Adaption, die sich ausdrücklich als eigenständige Interpretation versteht, sicher kritisch beurteilen. Wo ist die Brutalität des Büchner-Textes, wo der Dreck, der Schrecken, der Ekel, die ganze Perversion des Humanismus (am ehesten im Pastor verkörpert)? Man könnte das tun, muss es aber nicht: Einstudiert unter widrigen Umständen - die Pandemie hat das Training im 11. Jahrgang massiv beeinflusst - setzt die Neufassung, fast eine Überschreibung, eigene Akzente, die sich unterm Strich zu einem recht stimmigen Bild zusammenfügen.

Bezogen auf die Deutung (mit Anna Meyers Doktorin gesprochen): „Ich weiß ja nicht“ - vielleicht, aber ich weiß doch: Es ist großartig, dass ihr wieder da seid! Danke dem DSP-Kurs Q12 unter der engagierten Leitung von Dr. Tina Somann. Danke für den Mut und das Engagement des Teams!

Intensivproben Tag 1


Intensivproben Tag 3


Probensonntag