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DIE RÄUBER als Verfall einer Familie: eine Inszenierung des DSP-Kurses 12

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Und am Ende ist alles verloren“
DIE RÄUBER als Verfall einer Familie: eine Inszenierung des DSP-Kurses 12


Das kann nicht gut ausgehen: Nach dem langen musikalischen Vorspiel, das eine melancholische Stimmung etabliert, betritt Franz Moor in knallrotem Sakko die Bühne der Ostetalschule und es ist klar: Hier ist jemand unzufrieden mit seiner Situation, hier sitzt der Neid tief auf die Schwester Karla (im Original heißt die Figur noch Karl, stört aber niemanden!), Vaters Liebling und in allen Belangen ein Glückskind. Bis dahin. Mithilfe einer Intrige verliert sie den Rückhalt beim Vater, steigt etwas widerwillig zur Anführerin einer Räuberbande auf und verliert schließlich alles: Bruder, Vater, Geliebte und letztlich wohl das eigene Leben.

Das neunköpfige Ensemble des Kurses Darstellendes Spiel Abi25 stellt sich dem Mammutwerk DIE RÄUBER aus der Feder des Aufklärers Friedrich Schiller und macht es sich in einer gut sechzigminütigen Fassung zu eigen. So lässt sich der Graf (mit unterkühlter Noblesse: Elija Stripling) zwar von seinem intriganten Sohn (unerbittlich und teils diabolisch: Bastian Hink) manipulieren, emotional bleibt er aber auf Distanz. Selbst im Moment seines vermeintlichen Triumphes ist der Graben unüberwindlich. Amalia, Karlas Verlobte, ist das emotionales Zentrum der Produktion - so gelingen im Zusammenspiel mit Karla Momente von großer Intimität. Sie mag nicht glauben, was man ihr von der Geliebten berichtet und lässt sich schließlich lieber umbringen als dass sie ihre Prinzipien aufgäbe. Da steckt viel Pathos, viel Theorie drin, was aber durch das so zurückhaltende wie intensive Spiel von Antonia Tietjen berührt und somit als zutiefst menschliche Tragik erscheint. Im Zentrum aber steht natürlich Karla: widerwillig rutscht sie ab in die Kriminalität, und während die Gewalt nach und nach eskaliert, verzweifelt sie an den Umständen, die sie nicht zu ändern weiß: Jede Tat hat Folgen, Überzeugungen fordern ihren Tribut, das gegebene Wort hat Bestand. Und so wird plausibel, dass am Ende, wenn alles auf so tragische Weise verloren ist, nur die völlige Selbstaufgabe bleibt. Statt auf große Gesten zu vertrauen, gestaltet Carolina Halm Karla als getriebene Melancholikerin. So gelingt ihr ein zunehmend komplexes Porträt dieser überaus herausfordernden Figur.

Ach ja, da wären noch die Räuber: Das ist ein ziemlich bunt gemischtes Quartett - ruhig und treu: Milo Knop, mit massivem Hang zur Gewalt: Merle Brunckhorst, auf Abenteuer aus: Mustafa Haydari und stets um Ausgleich bemüht: Dennis Klattenhoff; abgerundet wird das Ensemble durch Ella Brand als Dienerin (souverän und immer im Bilde über die Intrigen im Haus). Sicher hätte man dem Dreieck Franz, Karla, Vater etwas mehr Tiefe, den Räubern etwas mehr Raum geben können - aber auch so werden Charaktere und Konflikte durch klar umrissene Szenen deutlich. Und wenn nach gut einer Stunde Karla den Saal verlässt, um sich für die begangenen Taten zu stellen, ist man ein wenig traurig, die gerade erst lieb gewonnen Charaktere wieder zu verlassen. Und das kann man wahrlich nicht von allen Inszenierungen auch professioneller Theater behaupten.

Das Stück ist unter der Leitung von Anne Burkhardt und Tina Somann entstanden, die den Kurs betreut haben.